2. Kapitel

Vor kurzem war ich wieder bei Laurenz, meinem Freund, dem Esel. „Endlich hab ich wieder wen zum Reden!" hat er gesagt. Auf der kleinen Weide neben dem Bauernhof ist er nämlich der Einzige und im Stall die Schafe und Kühe interessieren sich nicht so für seine Geschichten. Und dann hat er mir wieder etwas erzählt:

Als Laurenz noch ein kleiner Esel war, trafen sich im Sommer immer mehrere Esel auf der Alm. Die Bauern trieben sie einfach mit dem Vieh zusammen in die Berge auf die saftigen Wiesen. Esel waren für Bauern damals zur „Liebhaberei" geworden. Sie brauchten sie nicht mehr für die Arbeit, das machten längst Maschinen. Die Bauern hatten sie einfach nur gern. Zuerst brachten sie es nicht übers Herz einen alten Esel weg zu geben, nachdem er ihnen viele Jahre bei der Arbeit geholfen hatte. Und nun hatten manche eben einen Esel „einfach so". Der alte Esel Ignaz, der konnte noch erzählen von der schweren Arbeit am Bauernhof, vom Karren ziehen und von riesigen Heuballen, die ein Esel auf dem Rücken schleppen musste oder von schweren Getreidesäcken - rechts und links je zwei. Ignaz erzählte und die jungen Esel standen gespannt um ihn herum. Wenn er von seinem alten Bauern sprach, kam immer etwas Sanftes in seine Stimme, so wie man von einem guten Freund einem spricht. Ignaz berichtete, dass der alte Bauer jeden Abend in den Stall kam. Die Arbeit war getan und dann kam der Bauer mit einem Kübel Wasser in der einen Hand und einem Krug Most in der anderen. Er setzte sich auf einen Schemel neben Ignaz, schob ihm den Kübel unter die Nase, nahm einen kräftigen Schluck vom Most und dann erzählte er alles, was er auf dem Herzen hatte. Ignaz hörte geduldig zu. Irgendwann machte der Bauer eine Pause und saß schweigend neben ihm. Das waren die schönsten Momente am Tag. Manchmal nahm dann der Bauer das lange Ohr von Ignaz und flüsterte ihm seine Geheimnisse. „Du bist der beste Freund", sagte der Bauer dann. „Dir kann ich alles erzählen und du wirst es niemandem weiter sagen." „I-A," erwiderte Ignaz und der Bauer wusste ganz genau, dass Ignaz ihn verstanden hatte. Ignaz hat sich übrigens immer daran gehalten. Und wenn die jungen Esel auf der Alm noch so bettelten, allen voran Laurenz, nie hat er die Geheimnisse seines Bauern ausgeplaudert. „Das ist unter Freunden so," sagte er immer, „man kann sich alles sagen, aber man plaudert es nicht aus."

Als Laurenz von dem alten Esel Ignaz erzählte, musste ich wieder an unseren Freund Jesus denken. Er hört immer zu. Am Ende des Tages können wir uns mit ihm zusammensetzen und noch einmal alles besprechen, was wir heute erlebt haben. Er war den ganzen Tag dabei. Das haben wir ja schon besprochen. Er ist immer bei uns, auch wenn wir ihn nicht sehen. Und auch wenn er bei allem dabei war, tut es gut, noch einmal das Wichtigste zu besprechen. Ich rede oft mit Jesus, wenn ich schon im Bett liege. Dann sage ich zum Beispiel: „Heute war ein schöner Tag. Danke Jesus, dass du dabei warst. Ich freue mich, dass du mein Freund bist." Danach sage ich ihm auch noch meine Geheimnisse: „Heute habe ich mich über … geärgert. Und ängstlich bin ich, wenn ich an… denke." Jesus ist der beste Freund. Bei ihm sind diese Geheimnisse gut aufgehoben.

Ganz ehrlich: Manchmal bin ich unsicher, ob Jesus wirklich zuhört, weil ich ihn ja nicht sehe. Aber Jesus hat fest versprochen: „Alles könnt ihr mir sagen, alle eure Sorgen. Ich sorge für euch." Darauf verlasse ich mich.

Bei einer anderen Sache in der Geschichte musste ich ein wenig schmunzeln: Ein Esel ist heutzutage eine „Liebhaberei" für einen Bauern. Das stimmt nämlich auch für uns. Wir Menschen sind Gottes „Liebhaberei". Das bedeutet, er hat uns lieb. Er braucht uns nicht für die Arbeit, sondern einfach als Freund. Dann ist da aber doch noch ein Unterschied zum Bauern und Esel. Wir laufen nicht nur so nebenbei mit, so wie ein Hobby. Nein! Für Gott sind wir am wichtigsten! Gott hat dich ganz fest lieb. Deshalb hat er seinen Sohn Jesus geschickt. Darum geht es in der nächsten Geschichte. Aber vorher gibt es noch einige Fragen:

 
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